umweltökonomische Gesamtrechnung: Grundzüge

umweltökonomische Gesamtrechnung: Grundzüge
umweltökonomische Gesamtrechnung: Grundzüge
 
Die umweltökonomische Gesamtrechnung (UGR) ist ein statistisches Berichtssystem, das die Beziehungen zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und der Entwicklung des Umweltzustands dokumentiert; sie ist ein zentraler Bestandteil der umweltökonomischen Berichterstattung. Erfasst werden dabei die Entnahme und der Verbrauch der natürlichen Rohstoffe, der Ausstoß und der Verbleib von Emissionen, die Nutzung der natürlichen Umwelt als Standort für menschliche Aktivitäten, der qualitative Zustand der Umwelt sowie die Umweltschutzmaßnahmen.
 
 Die Bemühungen der Vereinten Nationen
 
Das System of National Accounts (SNA) ist ein Standardkontensystem für die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR). Es wurde von den Vereinten Nationen (UN) und der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC, heute OECD) erarbeitet. Im Rahmen der Bemühungen um die umweltökonomische Berichterstattung wurde dieses Standardkontensystem zu einem System einer integrierten Umwelt- und ökonomischen Gesamtrechnung (System for Integrated Environmental and Economic Accounting, SEEA) erweitert. Dieser Ansatz der UN ist neben zahlreichen anderen Bemühungen methodisch am weitesten entwickelt. Ausführliche Beschreibungen des Systems wurden auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED, »Erdgipfel«) in Rio de Janeiro im Juni 1992 vorgestellt. Ein vorrangiges Ziel des SEEA ist die Ermittlung der Umweltnutzungskosten und damit verbunden die Berechnung eines Ökoinlandsprodukts. In einem stufenweisen Aufbau des Systems ist zunächst eine umweltbezogene Untergliederung der in der VGR vorhandenen Informationen vorgesehen. In einer zweiten Stufe werden physische Informationen über die Umweltnutzung und -belastung ergänzt, die im Weiteren zusätzlich nach Marktwerten oder Vermeidungskosten bewertet werden. Schließlich sieht die SEEA eine umweltbezogene Erweiterung des Produktionsbegriffs vor.
 
 Das Ökoinlandsprodukt
 
Das Ökoinlandsprodukt in der VGR wird zukünftig als Nettoinlandsprodukt berechnet. Dabei werden Abschreibungen auf die Natur, die als natürlicher Kapitalstock (»Naturvermögen«) betrachtet wird, verbucht. Wertminderungen können der Abbau von Bodenschätzen, die Übernutzung der Pflanzen- und Tierwelt sowie die Verwendung der Umwelt als Auffangbecken für Abfallstoffe sein. Diese Form der Berechnung trägt dem Leitbegriff einer nachhaltigen Entwicklung (Nachhaltigkeit) auch innerhalb der Wirtschaftsstatistik Rechnung: Unter Berücksichtigung der Erhaltungskosten des Naturkapitals bzw. der (Schadens-)Vermeidungskosten könnte so ein Einkommens- bzw. Produktionsniveau berechnet werden, das ohne weitere zusätzliche Schädigung der Umwelt auch in Zukunft aufrechterhalten werden könnte. Das aus den Berechnungen resultierende Ökoinlandsprodukt wird im deutschen Sprachraum auch als Ökosozialprodukt bezeichnet, was allerdings nicht ganz korrekt ist, da es sich auf alle im Inland erzeugten Waren und Dienstleistungen bezieht und nicht auf das Produktionsergebnis aller Bewohner eines Landes. Das Ökoinlandsprodukt kann je nach Berechnungsansatz für die Wertminderungen des Naturvermögens sehr unterschiedliche Werte aufweisen. Aufgrund dieser Tatsache und zusätzlicher Berechnungsschwierigkeiten sollte man mit der Veröffentlichung und Interpretation einer derartig pauschalen Größe vorsichtig sein.
 
 Ökobilanzen
 
Neben der UGR steht der Begriff Ökobilanz für eine ganze Sammlung von Methoden, mit denen komplexe Umweltauswirkungen durch die Herstellung und Nutzung von Produkten und Verfahrensweisen möglichst umfassend erfasst und bewertet werden sollen. Im engeren Sinne ist eine Ökobilanz die Bestandsaufnahme aller durch die Produktion von Gütern verursachten Schadstoffe und Belastungen für die Umwelt. Bislang hat sich allerdings noch keine einheitliche Definition oder anerkannte Norm herausgebildet. Produktökobilanzen erfassen und bewerten systematisch alle Stoff- und Energieströme und somit alle Umwelteinwirkungen von der »Wiege bis zur Bahre«, also längs des Lebenswegs eines Produkts. Dadurch können Problemverlagerungen zwischen verschiedenen Phasen eines Produktlebenszyklus oder zwischen verschiedenen Umweltmedien erfasst werden. Umweltmedien sind Elemente bzw. Subsysteme der natürlichen Umwelt, die Lebensraum für Organismen bieten wie die Atmosphäre (Luft), die Hydrosphäre (Gewässer) und die Lithosphäre (Boden). Produktökobilanzen werden sowohl für den ökologischen Produktvergleich, wie beispielsweise den Vergleich von Ein- und Mehrwegsystemen bei Getränkeverpackungen, als auch für die Frage der ökologischen Optimierung längs eines Produktlebenswegs durchgeführt. Neben Produkten können auch Verfahrensweisen, Technologien, gesamte Unternehmen oder Standorte »ökobilanziert« werden.

Universal-Lexikon. 2012.

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